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OGH‑Urteil zu Betriebskosten: Was Mieter und Vermieter jetzt wissen müssen

Ein Präzedenzfall aus Salzburg

Wir freuen uns, dass wir die Mieter in diesem spannenden Verfahren erfolgreich vertreten konnten – berichtet in Die Presse, Salzburger Nachtichten und der Kronenzeitung

Zum Artikel in Die Presse: Höchstgericht befreit Mieter von den Betriebskosten

Zum Artikel in den Salzburger Nachrichten: OGH-Urteil ändert Spielregeln: Keine Betriebskosten mehr

Zum Artikel in der Kronenzeitung: Gericht befreit Mieter von den Betriebskosten

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat im Dezember 2024 in der Rechtssache 10 Ob 54/24z eine Entscheidung getroffen, die Österreichs Mietmarkt in Aufregung versetzt. Ein Paar aus Salzburg hatte 2020 eine Wohnung angemietet. Der Mietvertrag enthielt die Klausel, dass die „Bewirtschaftungskosten“ von den Mietern zu tragen seien. Diese Kosten wurden aber lediglich beispielhaft aufgezählt und mit der Formulierung „insbesondere die in § 21 MRG aufgezählten Betriebskostenarten … sowie öffentliche Abgaben und besondere Aufwendungen“ offengelassen, welche weiteren Kosten der Vermieter verrechnen könnte. In den ersten beiden Instanzen unterlagen die Mieter, doch der OGH gab ihnen in letzter Instanz Recht. Die Richter stellten klar, dass eine solche Klausel gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) verstößt und daher unwirksam ist.

Was bedeutet das Urteil?

  • Rückzahlung sämtlicher Betriebskosten – Der Vermieter muss den Mietern die gesamten bezahlten Betriebskosten samt Zinsen zurückerstatten.

  • Unwirksame Klausel – Die beispielhafte Aufzählung der Bewirtschaftungskosten wird als intransparent eingestuft. Da der Mietvertrag als Formularvertrag mit vorformulierten Textbausteinen gilt, greift das Transparenzgebot (§ 6 Abs 3 KSchG).

  • Befreiung von zukünftigen Kosten – Wegen der Unwirksamkeit der Klausel müssen die Mieter künftig weder Betriebskosten noch Heizkosten oder öffentliche Abgaben zahlen.

Die Entscheidung zeigt, dass Vermieter, die vorgefertigte Vertragsmuster verwenden, ihre Klauseln sorgfältig an die aktuelle Rechtsprechung anpassen müssen. Andernfalls drohen erhebliche finanzielle Folgen. Für Mieter ist das Urteil ein wichtiges Signal: Intransparente oder unverhältnismäßige Mietvertragsklauseln lassen sich erfolgreich anfechten.

Rechtlicher Hintergrund – das Transparenzgebot im Mietrecht

Die strittige Klausel ordnete an, dass neben dem Hauptmietzins „alle Bewirtschaftungskosten“ anteilig zu bezahlen seien. Als Bewirtschaftungskosten galten insbesondere die in § 21 MRG aufgezählten Betriebskosten, öffentliche Abgaben und „besondere Aufwendungen“. Diese Formulierung ließ offen, welche konkreten Kosten auf den Mieter zukommen konnten.

Nach dem KSchG sind in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vertragsbestimmungen unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich sind (§ 6 Abs 3 KSchG). Der OGH sieht das Wort „insbesondere“ als Hinweis auf einen demonstrativen Katalog: Der Mieter kann nicht erkennen, welche Kostenlast im Einzelfall entsteht. Die Klausel verstößt damit gegen das Transparenzgebot.

Bei Formularmietverträgen – also Verträgen, die mit vorformulierten Textbausteinen arbeiten – gilt das Transparenzgebot uneingeschränkt. Der OGH hat ausdrücklich festgehalten, dass eine geltungserhaltende Reduktion nicht zulässig ist. Eine intransparente Klausel ist insgesamt unwirksam; der Vermieter kann sich nicht darauf berufen, dass zumindest einzelne aufgezählte Positionen (z. B. Müllabfuhr) zulässig seien.

Wer kann Betriebskosten zurückfordern?

Gute Chancen auf eine Rückerstattung bestehen, wenn:

  • der Mietvertrag als Verbraucherin bzw. Verbraucher abgeschlossen wurde und der Vermieter Unternehmer ist;

  • im Mietvertrag sind die zu zahlenden Betriebskosten nur beispielhaft aufgezählt, erkennbar an Formulierungen wie „insbesondere“, „z. B.“ oder „jedenfalls“;

  • das Gebäude nach dem 8. Mai 1945 (bei Eigentumswohnungen) oder nach dem 30. Juni 1953 (bei Mietwohnungen ohne Wohnbauförderung) errichtet wurde;

  • das Mietverhältnis in den Teilanwendungsbereich des MRG fällt, sodass die Betriebskosten vertraglich vereinbart werden müssen;

Sind die Betriebskosten gesetzlich geregelt (z. B. Altbauwohnungen, Genossenschaftswohnungen oder geförderte Neubauten), bestehen geringe Erfolgsaussichten. Eine genaue Prüfung des Mietvertrags durch eine spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei oder Einrichtung ist daher unerlässlich.

Bedeutung für Vermieter

Das Urteil zeigt, wie wichtig eine präzise Vertragsgestaltung ist. Vermieter – insbesondere gewerbliche Vermieter oder Unternehmen – sollten ihre Mietverträge überprüfen und folgende Punkte beachten:

  1. Klarheit statt Beispielhaftigkeit – Alle zu zahlenden Betriebskosten müssen vollständig und abschließend aufgelistet werden. Begriffe wie „insbesondere“ oder „jedenfalls“ bergen das Risiko, dass die Klausel als intransparent angesehen wird.

  2. Transparenz bei Textbausteinen – Mietverträge mit vorformulierten Textbausteinen gelten als Formularverträge und unterliegen dem Transparenzgebot. Klauseln sollten individuell verhandelt oder präzise angepasst werden.

  3. Keine versteckten Kosten – Der OGH betont, dass Mieter nicht im Unklaren darüber gelassen werden dürfen, welche Kosten genau auf sie zukommen. Versteckte Gebühren für Hausbetreuung, Verwaltung oder „besondere Aufwendungen“ sind unzulässig.

  4. Aktualität und Rechtskonformität – Musterverträge müssen regelmäßig aktualisiert werden, um der aktuellen Judikatur zu entsprechen. Wer veraltete Muster verwendet, riskiert Rückforderungen und gerichtliche Verfahren.

Was bedeutet die Entscheidung für Mieter?

Für Mieter ist das Urteil ein Anlass, den eigenen Mietvertrag zu prüfen. Sollten die Betriebskosten in Ihrem Vertrag nur demonstrativ aufgezählt sein oder Formulierungen wie „insbesondere“ verwenden, kann das ein Hinweis auf eine intransparente Klausel sein. Als Mieter/in haben Sie dann unter Umständen Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Betriebskosten und Befreiung von zukünftigen Zahlungen.

Erste Schritte für Mieter

  1. Vertrag prüfen lassen – Lassen Sie Ihren Mietvertrag von einer spezialisierten Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt für Mietrecht überprüfen. Eine rechtliche Ersteinschätzung hilft, Risiken und Chancen zu bewerten.

  2. Befristete Mietverträge – Bei befristeten Verträgen kann die Rückforderung dazu führen, dass der Vertrag nach Ablauf der Frist nicht verlängert wird. Dieser Aspekt sollte unbedingt vor einer Klage bedacht werden.

Ihre Rechtsanwaltskanzlei in Salzburg – Unsere Expertise

Rechtsanwalt Mag. Johannes Garstenauer, LLM. aus Salzburg hat für Dr. Berthold Garstenauer das OGH-Verfahren geführt und einen wegweisenden Erfolg erzielt. Wir vertreten Mandantinnen und Mandanten kompetent in allen Fragen des Mietrechts und Immobilienrechts. Darüber hinaus beraten wir Sie umfassend in weiteren Rechtsgebieten:

Fachgebiet Leistungen
Immobilienrecht & Mietrecht Verträge über Bau‑, Kauf‑ und Schenkungen, Wohnungseigentum, Mietverträge, Bauträgerprojekte, Werklohnforderungen, Grundverkehr & Raumordnung
Versicherungsrecht Anfechtung von Versicherungsverträgen, Rücktritt & Kündigung, Obliegenheitsverletzungen, Durchsetzung von Regressansprüchen
Vertragsrecht Kaufverträge & Schenkungen, Mietverträge, Vertragsprüfung, Treuhandabwicklung, Grundbuchsangelegenheiten
Unternehmensrecht Unternehmensgründung & GmbH‑Gründung, Unternehmenskauf, AGB‑ und Verbraucherschutz, externe Rechtsabteilung
Zivilrecht & Schadenersatz Schadenersatz & Schmerzengeld, Gewährleistung, Produkthaftung, Verkehrs- und Werkvertragsrecht
Datenschutzrecht & IT‑Recht Beratung zu DSGVO, Datenschutzgesetz (DSG), IT‑Verträge, Internetrecht

Als Rechtsanwälte in Salzburg bieten wir Ihnen persönliche und engagierte Beratung. Wir unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte – sei es im Mietrecht, Immobilienrecht, Versicherungsrecht, Vertragsrecht, Unternehmensrecht, Zivilrecht oder Datenschutzrecht. Die Rechtsanwälte Dr. Berthold Garstenauer und Mag. Johannes Garstenauer, LLM. aus Salzburg Stadt sind Ihr kompetenter Ansprechpartner.

Fazit

Das OGH‑Urteil 10 Ob 54/24z ist ein Meilenstein für das österreichische Mietrecht. Es stellt klar, dass intransparente Betriebskostenklauseln in Mietverträgen unwirksam sind und Mieter Anspruch auf Rückerstattung haben können. Die Entscheidung verpflichtet Vermieter zur größtmöglichen Transparenz und schützt Konsumentinnen und Konsumenten vor versteckten Kosten. Für Mieter bietet sie die Chance, unklare Vertragsbestimmungen überprüfen zu lassen und gegebenenfalls Betriebskosten zurückzufordern. Die Rechtsanwälte Dr. Berthold Garstenauer und Mag. Johannes Garstenauer, LLM. aus Salzburg haben diese Entscheidung erstritten und stehen Ihnen mit umfassender Beratung zur Seite.

Haben Sie Fragen zu Ihrem Mietvertrag oder benötigen Sie rechtliche Unterstützung? Kontaktieren Sie uns für ein unverbindliches Erstgespräch. 

© Salzburger Nachrichten, Kronen Zeitung, Die Presse


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